Genf – Die Zahl der Menschen mit Depressionen steigt weltweit rapide. So waren laut der Weltgesundheitsorganisation WHO 2018 bereits 300 millionen Menschen betroffen. Allein in Deutschland leiden mittlerweile ca. 6 millionen darunter. Die Folgen werden häufig unterschätzt. So werden jährlich fast 800 000 Selbstmordfälle global registriert. Sie ist mittlerweile die zweit häufigste Todesursache für Menschen im alter von 15-29 Jahren.
Aus wissenschaftlicher Sicht können Depressionen oft mit einem Ungleichgewicht verschiedener Botenstoffe im Gehirn in Verbindung gebracht werden. Zu diesen sogenannten Neurotransmittern gehören unter anderem Serotonin, Dopamin, Adrenalin und Noradrenalin, die in verschiedenen Bereichen des Gehirns gebildet werden. Auch Hormone wie Oxytocin, das als "Bindungshormon" bekannt ist und beim Aufbau sozialer Bindungen eine wichtige Rolle spielt, können unsere Stimmung beeinflussen. Dieses Hormon wird beispielsweise in großen Mengen beim Orgasmus freigesetzt und fördert zwischenmenschliche Nähe.
Schauen wir uns nun an, welche natürlichen Faktoren unseren Hormonhaushalt beeinflussen können. Diese lassen sich in folgende Bereiche unterteilen:
- Ernährung
- Schlaf
- Bewegung
- Intimität
- Soziale Kontakte
- Konsum von Genuss- oder Rauschmitteln
Alle genannten Faktoren – mit Ausnahme des Konsums von Rauschmitteln – sind Bestandteile unseres alltäglichen Lebens. Doch wenn wir einen dieser Bereiche vernachlässigen oder übermäßig beanspruchen, kann das langfristig unser hormonelles Gleichgewicht beeinträchtigen und das Risiko für Depressionen erhöhen. Ein ausgeglichenes Verhältnis in diesen Bereichen ist daher wichtig für das psychische Wohlbefinden.
Ein typisches Beispiel hierfür ist die sogenannte "Sportlerdepression," die bei Leistungssportlern auftreten kann, wenn sie aufgrund einer Verletzung plötzlich nicht mehr trainieren können. Sportler regulieren ihren Hormonhaushalt häufig über ihre körperliche Aktivität; fällt diese weg, kann das zu emotionalen Belastungen und dem Risiko einer Depression führen. In solchen Situationen versuchen viele Menschen, das entstandene Ungleichgewicht zu kompensieren, häufig jedoch auf eine Weise, die nicht nachhaltig ist und das Ungleichgewicht noch verstärken kann.
Es gibt viele mögliche Auslöser und Anzeichen von Depressionen. Im Folgenden haben wir die häufigsten Ursachen und Merkmale zusammengefasst:
Anzeichen einer Depression:
Soziales Verhalten
- Rückzug aus der Familie oder dem Freundeskreis
- Probleme in der Partnerschaft
Physische Anzeichen
- Schlafstörungen bzw. dauerhafte Müdigkeit.
- schwaches Immunsystem
- Appetitlosigkeit
- Übermäßiger Betäubungsmittelkonsum
- Verminderte Leistungsfähigkeit
Psychische Anzeichen
- Geringes Selbstbewusstsein
- Wenig Begeisterungsfähigkeit
- Pessimismus
- Vergesslichkeit
- Gleichgültigkeitsgefühle
Mögliche Ursachen:
Physische Ursachen
- chronische Erkrankungen
- Störungen im Hormonhaushalt und/oder des Stoffwechsels
- Schwere Erkrankungen
Psychische Ursachen
- Schicksalsschläge
- Stress
- Streitigkeiten und Konflikte
- Einsamkeit
Genetische Ursachen
- Umweltfaktoren die Einfluss auf die Genetik haben.
- Genetisch bedingte Faktoren, die den Hormonhaushalt steuern.
Was aber tun, wenn wir bereits an Depressionen leiden?
Wenn du an Depressionen leidest, ist es wichtig zu erkennen, dass du nicht alleine bist und dass Hilfe verfügbar ist. Oftmals kann es hilfreich sein, die eigenen Auslöser zu identifizieren – sei es durch Selbstreflexion, Journaling oder Gespräche mit vertrauten Personen. Dabei kann das Bewusstsein, dass viele Aspekte unseres Wohlbefindens hormonell beeinflusst sind, dir helfen, die Zusammenhänge zwischen Körper und Geist besser zu verstehen.
Eine sinnvolle erste Maßnahme ist, professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Das kann durch einen Therapeuten, Psychologen oder Psychiater geschehen. Diese Fachleute können dir helfen, deine Gedanken und Gefühle zu ordnen, Strategien zur Bewältigung zu entwickeln und geeignete Behandlungsmöglichkeiten zu finden, wie z. B. Gesprächstherapie oder medikamentöse Unterstützung.
Es gibt auch viele Selbsthilfegruppen, in denen du Gleichgesinnte triffst, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Der Austausch in einer sicheren Umgebung kann sehr entlastend und motivierend sein.
Denke daran, dir selbst die Zeit und Ruhe zu geben, die du benötigst. Setze dir kleine, erreichbare Ziele, um den Druck zu reduzieren und deinen Fortschritt sichtbar zu machen. Achtsamkeit, Meditation und Atemübungen können dir ebenfalls helfen, den Stress abzubauen und dich auf den gegenwärtigen Moment zu konzentrieren.
Es ist wichtig, loszulassen und Akzeptanz zu finden – sowohl für die schwierigen Zeiten als auch für die Fortschritte, die du machst. Jeder Schritt, den du in Richtung Heilung machst, ist wertvoll. Denke daran, dass es nicht nur um das Überwinden der Depression geht, sondern auch darum, Wege zu finden, um ein erfülltes und ausgewogenes Leben zu führen.
Wenn du das Gefühl hast, in der Dunkelheit festzusitzen, zögere nicht, Hilfe zu suchen. Der erste Schritt zur Besserung beginnt oft mit dem Mut, um Unterstützung zu bitten.
Anlaufstellen für depressive Menschen in Deutschland
- Deutsche Depressionshilfe
- www.deutsche-depressionshilfe.de
- Telefonseelsorge
- 0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222 (kostenfrei und anonym)
- Krisendienst Psychiatrie
- www.krisendienst-psychiatrie.de
- Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)
www.drugcom.de
- Nationale Koordinationsstelle für die Psychosoziale Versorgung
www.psychiatrie.de
- Ärzte für Psychiatrie und Psychotherapie
www.bptk.de
Suchthilfezentren
- Informationen und Beratungsstellen können über die jeweilige Stadtverwaltung oder online gefunden werden.
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